Man kann es nicht oft genug sagen, 1% der Menschen weltweit haben Epilepsie. Das gilt auch für Kindergarten-kinder wie auch für Schulkinder. Oft haben Lehrer keine Kenntniss von
Epilepsie, oder der Schulplan ist so straff, das Erzieher und Lehrer gar keine Möglichkeit haben sich um Epilepsiekinder zu kümmern.
"Epilepsien - eine Herausforderung für jede Schule!?" Da kommen die meisten
Lehrerinnen/Lehrer ins Schwitzen.
Sind unsere Schulen für alle Kinder offen? Auch für epilepsiekranke Kinder? Unsere Kinder verbringen in den ersten 15 Jahren ihres Lebens den Großteil der Zeit in Kindergarten und Schulen. Dennoch sind bis heute große Unsicherheiten und Informationsmängel quer durch alle Bevölkerungsschichten anzutreffen. Auch die Menschen, die als Erzieherinnen,als Lehrer oder Ausbilder epilepsiekranke Kinder und Jugendliche begleiten, sind oft kaum über das Krankheitsbild und die besondere Situation der Betroffenen informiert. Daraus resultieren Ängste, Verunsicherungen, Vorurteile und Fehlverhalten.
Epilepsie im Kindergarten: Jedes Kind, auch ein epilepsiekrankes Kind, hat das
gesetzlich festgelegte Anrecht auf den Besuch eines Kindergartens, denn der
Kindergarten leistet einen wichtigen Beitrag zur sozialen Integration. Daher sollten auch
Eltern epilepsiekranker Kinder den Schritt in die neue Selbständigkeit wagen. Aber:
Welcher Kindergarten ist der richtige? Sind die Erzieherinnen und Erzieher entsprechend
ausgebildet und können sie meinem Kind im Falle eines Anfalls helfen? Das sind nur
einige der Bedenken, die sicherlich viele Eltern in dieser Zeit beschäftigen.
Aber hier wird allzu leicht der Weg des kleineren Widerstandes gewählt, bei den Lehrern
als auch bei den Eltern. Man will überzeugen, indem man eine Sonderschule empfiehlt –
und den Eltern dadurch Schwierigkeiten abnimmt, so deren Hauptargument. Auch will man dadurch Verantwortung und eventuelle Zusatzzeit vermeiden. Dabei ist
Epilepsie nur eine kurzzeitige „Auszeit“ des Gehirns, nur wenige Sekunden, doch viele
Lehrer, Erzieher sind in dieser Richtung nicht ausgebildet. Die meisten haben von
Epilepsie noch nie etwas gehört, das ist traurige Tatsache. Dabei könnten gerade die
Erzieher, Pädagogen und Aufsichtspersonen viel zum Krankheitsverlauf und der
anschließenden ärztlichen Behandlung beitragen!
Epilepsie in der Schule: Ich habe in meiner Schulzeit (das war 1946-1954) einen
Schulfreund mit Epilepsie gekannt. Der hatte Auren und Absencen, aber er wurde
integriert. (Ich hatte da noch keine Epilepsie). Der Lehrer sagte immer zu uns: passt auf
Dietmar auf wenn er blinzelt, wir haben aufgepasst und haben darauf geachtet, dass er
nicht umfällt. Das war für uns damals ganz normal und wir lernten so Verantwortung für
den Mitmenschen zu übernehmen. Warum sollte das heute nicht möglich sein? Das
Verständnis zum Schulkameraden mit einem Handicap hat sich nach 55 Jahren eher
verschlechtert. Abgrenzung, gemeine Beschimpfungen (Spasti, Zappler, Träumer) sind leider die Regel.
Gerade in den ersten Jahren spielen nicht nur das Lernen des "kleinen Ein-Mal-Eins",
sondern auch die Integration des Kindes in die Gruppe der Mitschüler und das erlernen
weiterer sozialer Fähigkeiten eine wichtige Rolle. Daher ist insbesondere für Eltern
epilepsiekranker Kinder die Wahl der richtigen Schule von großer Bedeutung. Auch Kinder
mit Epilepsie können und sollten, wenn möglich, eine Regelschule besuchen. Werden sie
dort allerdings anders behandelt als die anderen Schüler, besteht die Gefahr, dass sie
schnell zu Außenseitern werden. Zudem können auftretende Anfälle andere Kinder
möglicherweise verängstigen und dazu führen, dass sie sich von dem erkrankten Kind
distanzieren. Aufgabe der Eltern und der Lehrer ist es daher, Freunde und Mitschüler über
die Erkrankung des betroffenen Kindes zu informieren und ihnen die Angst vor den
Anfällen zu nehmen. So kann von Anfang an dafür gesorgt werden, dass das an Epilepsie
erkrankte Kind in der Gruppe der Mitschüler gut akzeptiert wird.
Die meisten epilepsiekranken Kinder unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Intelligenz nicht
von gesunden Kindern. Daher können sie, wie jedes gesunde Kind auch, eine Schule
besuchen, die ihren Fähigkeiten und Begabungen entspricht. Gegen den
Regelschulbesuch spricht also grundsätzlich nichts. Dennoch sollte eine
neuropsychologische Untersuchung die Grundlage für die Wahl der Schulform sein.
Natürlich gibt es auch Härtefälle, das darf man auf keinen Fall verschweigen: Hat das
betroffene Kind häufig Anfälle oder wird die Lern- und Leistungsfähigkeit des Kindes durch
starke Medikamenten-Nebenwirkungen, längere Krankenhausaufenthalte oder soziale
Ausgrenzung beeinträchtigt, kann es sinnvoll sein, das Kind in eine Schule für
körperbehinderte Kinder einzuschulen. Hier werden Kinder in sehr kleinen Klassen
individuell in allen Leistungsstufen gefördert. Da Epilepsie in solchen Fällen eine
Körperbehinderung darstellt, hat es Anspruch auf einen Platz in einer solchen Schule.
Ich möchte trotz meiner Epilepsie von meiner Umwelt nicht in einen abgesonderten
Rahmen gesteckt werden. Ich möchte trotz meiner Epilepsie von anderen keine
Einschränkungen auferlegt bekommen. Ich möchte trotz meiner Epilepsie «für alles
offen» bleiben, was zum Leben gehört.
Dieses oder ähnliches sagen die meisten Epilepsiekranken und das sollte auch ein
vorrangiges Ziel sein. Ein eigenständiger, selbstbewusster Epileptiker sollte nicht in ein
Heim abgeschoben werden. Ich wünsche allen Eltern, Lehrern und Kindergärtnerinnen eine ruhige und besonnene Art, mit dem Umgang epilepsiekranker Kinder.
Eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrern, Ärzten und Eltern ist die Voraussetzung
einer Kenntnis über Epilepsie der Lehrer und allen Schutzbefohlenen ist hier sehr von Vorteil.
Viel Erfolg dazu wünscht
Dieter Schmidt
Kommentar schreiben
Anja D.-Zeipelt (Donnerstag, 30 November 2017 09:35)
Das ist ein sehr schwieriges, aber interessantes Thema. Bei unseren Telefonberatungen kommt es immer wieder zur Sprache - sowohl positiv als auch negativ. Besonders erschreckend finde ich die negativen Berichte, gehen die Diskriminierungen doch hauptsächlich von den Erwachsenen aus. Ob Lehrer oder Eltern, manche sind extrem verbohrt und haben kein Problem damit, genau dies den Kinden "einzuimpfen". Die positiven Fälle sind dagegen sehr offen und erfreut über Aufklärung. Ich habe in Kindertagesstätten Vorträge gehalten und gesehen wie verwundert die Erzieher/Betreuer über dies oder jenes waren.
Wichtig finde ich, dass nicht ständig Epilepsie einzig mit Grand mals gleichgesetzt wird. Gerade im Kindes-und Jugendalter sind Absencen sehr häufig und die bedürfen keiner überbordenden Vorsichtsmaßnahmen oder Handlungen. Unaufgeregte Aufklärung war und bleibt hier das wichtigste. Glücklicherweise wird hier immer weiter an genau so einer Aufklärung gearbeitet. Ich gebe Bescheid, wenn ich weiß wann und wo man die Informationen beziehen kann.
Bis dahin wünsche ich alles Gute für alle Betroffenen